Die Trennung und Scheidung einer Ehe ist ein mehrstufiger Prozess, der sowohl rechtliche als auch finanzielle Aspekte umfasst. Der Ablauf gliedert sich in mehrere Phasen, die hier mit zeitlichen Angaben, rechtlichen Anforderungen, Unterhaltsregelungen und möglichen gerichtlichen Verfahren erläutert werden.
1. Trennungsphase
Die Trennung ist die erste formale Voraussetzung für eine Scheidung in Deutschland.
- Voraussetzungen:
- Die Ehegatten müssen getrennt leben (§ 1567 BGB).
- Getrenntleben bedeutet, dass keine häusliche Gemeinschaft mehr besteht und keine gegenseitigen Versorgungsleistungen erbracht werden.
- Zeitraum:
- In der Regel mindestens 1 Jahr („Trennungsjahr“), bevor die Scheidung eingereicht werden kann.
- Ausnahme: Härtefallscheidung bei unzumutbaren Umständen (z. B. Gewalt).
- Rechte und Pflichten während der Trennung:
- Trennungsunterhalt: Der finanziell stärkere Ehepartner muss dem wirtschaftlich schwächeren Ehepartner Unterhalt zahlen, sofern eine Bedürftigkeit vorliegt (§ 1361 BGB).
- Höhe: Orientiert sich am bereinigten Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen und den Lebensverhältnissen während der Ehe.
- Wohnverhältnisse: Ein Ehepartner kann die gemeinsame Wohnung beanspruchen (§ 1568a BGB), z. B. wenn das Wohl der Kinder dies erfordert.
- Trennungsunterhalt: Der finanziell stärkere Ehepartner muss dem wirtschaftlich schwächeren Ehepartner Unterhalt zahlen, sofern eine Bedürftigkeit vorliegt (§ 1361 BGB).
Beispiel:
Ein Ehepaar trennt sich, der Ehemann bleibt in der gemeinsamen Wohnung, die Ehefrau zieht aus. Er verdient 4.000 € netto, sie 1.200 €. Der Trennungsunterhalt beträgt 3/7 der Differenz des bereinigten Einkommens:
(4.000−1.200)×37=1.200 €(4.000 – 1.200) \times \frac{3}{7} = 1.200 \,€
Die Ehefrau erhält monatlich 1.200 € Trennungsunterhalt.
2. Scheidungsverfahren
Nach Ablauf des Trennungsjahres kann die Scheidung beantragt werden. Das Scheidungsverfahren gliedert sich in folgende Schritte:
a) Einreichung des Scheidungsantrags
- Voraussetzungen:
- Ein Ehepartner reicht den Scheidungsantrag beim Familiengericht ein.
- Es muss nachgewiesen werden, dass das Trennungsjahr eingehalten wurde.
- Dauer:
- Abhängig von der Auslastung des Gerichts: 3–6 Monate für die Bearbeitung des Antrags.
b) Versorgungsausgleich
- Definition: Der Versorgungsausgleich regelt die Aufteilung der während der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften (§§ 1587 ff. BGB).
- Verfahren:
- Das Gericht holt Auskünfte von den Rentenversicherungsträgern ein.
- Dauer: 3–6 Monate, abhängig von der Vollständigkeit der Unterlagen.
c) Ehescheidung
- Gerichtstermin:
- Beide Parteien müssen zum Scheidungstermin erscheinen.
- Der Richter prüft, ob die Voraussetzungen (z. B. Trennungsjahr) erfüllt sind und entscheidet über die Scheidung.
- Dauer:
- Der Termin selbst dauert oft nur 15–30 Minuten.
- Die Zustellung des Scheidungsbeschlusses erfolgt binnen 2–4 Wochen.
3. Nachscheidungsphase
Nach der Scheidung sind weitere Fragen zu klären:
a) Nachehelicher Unterhalt
- Anspruch:
- Nur, wenn der wirtschaftlich schwächere Ehepartner nicht selbst für seinen Lebensunterhalt sorgen kann (§ 1570 ff. BGB).
- Beispiele: Betreuungsunterhalt bei kleinen Kindern, Altersunterhalt, Unterhalt wegen Krankheit.
- Dauer:
- Kann zeitlich begrenzt oder lebenslang gewährt werden, abhängig von der Bedürftigkeit und den ehelichen Lebensverhältnissen.
Beispiel:
Nach der Scheidung betreut die Ehefrau ein gemeinsames Kind (4 Jahre). Der Mann zahlt neben dem Kindesunterhalt (nach Düsseldorfer Tabelle) Betreuungsunterhalt, da die Frau aufgrund der Kinderbetreuung nicht voll arbeiten kann.
b) Vermögensauseinandersetzung
- Güterrecht:
- Bei Zugewinngemeinschaft erfolgt ein Zugewinnausgleich (§ 1378 BGB). Der während der Ehe erzielte Vermögenszuwachs wird ausgeglichen.
- Beispiel:
- Ehefrau hat während der Ehe 50.000 € gespart, Ehemann 100.000 €. Der Ehemann zahlt 25.000 € Zugewinnausgleich an die Ehefrau.
4. Mögliche gerichtliche Verfahren
a) Eilverfahren (Wohnungszuweisung, Umgangsrecht)
- Bei strittigen Wohnverhältnissen oder Umgangsregelungen kann ein Eilverfahren beantragt werden (§ 200 FamFG).
b) Streit um Unterhalt
- Klagen auf Trennungs- oder nachehelichen Unterhalt (§§ 1361, 1570 BGB).
c) Umgangs- und Sorgerechtsstreitigkeiten
- Klärung von Umgang und elterlicher Sorge (§ 1626 BGB).
d) Vermögensauseinandersetzung
- Wenn keine Einigung über den Zugewinnausgleich oder die Aufteilung gemeinsamer Vermögenswerte erzielt wird (§ 1378 BGB).
5. Aufgaben von Anwälten
Für Ehepartner A (z. B. Antragsteller):
- Beratung: Vorbereitung des Trennungsjahres (z. B. Unterhalt, Wohnsituation).
- Antragstellung: Einreichung des Scheidungsantrags beim Familiengericht.
- Unterstützung bei Berechnungen: Trennungsunterhalt, nachehelicher Unterhalt, Zugewinn.
Für Ehepartner B (z. B. Antragsgegner):
- Prüfung des Antrags: Sicherstellung, dass alle Voraussetzungen erfüllt sind.
- Verteidigung: Gegenüber unberechtigten Unterhalts- oder Vermögensforderungen.
- Mediation: Vermittlung zwischen den Parteien, um außergerichtliche Einigungen zu erzielen.
Für beide Parteien:
- Verfahrensführung: Vertretung vor dem Familiengericht.
- Dokumentenmanagement: Beschaffung und Einreichung aller relevanten Unterlagen (z. B. Einkommensnachweise, Renteninformationen).
- Vergleichsverhandlungen: Entwicklung von Lösungen zur Vermögensaufteilung oder Unterhaltsfragen, um langwierige Prozesse zu vermeiden.
6. Zeitliche Übersicht
Phase | Dauer | Maßnahmen |
---|---|---|
Trennungsphase | Mindestens 1 Jahr | Unterhalt klären, Wohnsituation regeln. |
Scheidungsverfahren | 6–12 Monate | Antrag einreichen, Versorgungsausgleich. |
Nachscheidungsphase | Variabel | Unterhalt, Zugewinn, Umgangsrecht regeln. |
Die Kombination aus anwaltlicher Beratung und klarer Planung hilft, den Prozess der Trennung und Scheidung strukturiert und rechtssicher durchzuführen.